Freitag, 3. März 2017

Heizung: Einzelraumregelung mit Stellantrieben

Mittlerweile haben wir den ersten Winter im Haus verbracht. In den Wintermonate habe ich versucht, die Heizung optimal einzustellen. Das erfordert viel Geduld, denn das thermische System 'Haus' reagiert sehr träge. Anfänglich habe ich zu viele Parameter in zu kurzer Zeit verändert und konnte dann die Wirkungen den Ursachen nicht mehr zuordnen. Doch der Reihe nach.

Schaut man sich einen Heizkreisverteiler an, findet man Vorlauf (warm) und Rücklauf (kalt) samt Absperrventilen und je Heizkreis einen Durchflussmengenbegrenzer, Differenzdrucküberströmventil und einen Stellantrieb:

Aufbau eines Heizkreisverteilers

Stellregeler mit Sichtfenster
Bei uns wurden im gesamten Haus 8 Einzelraumregelungen (ERR) Uponor Vario PLUS Thermoantrieb Pro 230V verbaut, da die EnEV 2014 § 14 dies so vorschreibt:

(2) Heizungstechnische Anlagen mit Wasser als Wärmeträger müssen beim Einbau in Gebäude mit selbsttätig wirkenden Einrichtungen zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur ausgestattet werden

Sinn dahinter ist, den Räume nur so weit wie notwendig und nicht unnütz aufzuheizen. Allerdings sind die Dinger bei einer Fußbodenheizung (FBH) aus mehreren Gründen völlig unnütz:



  1. Stromverbrauch Was mich am meisten stört: Jeder Stellantrieb benötigt im geöffnetem Zustand ~ 3 W. Hier stimmen die Herstellerangaben mit den gemessenen Werten überein. Klingt erstmal nicht viel, macht aber 8 x 3 W = 24 W – Sommer wie Winter. Das wären bei permanent geöffneten Ventilen unglaubliche 210 kWh pro Jahr! Die Ventile sind ähnlich denen, klassischer Heizkörper: Ohne Thermostat/Stellantrieb immer offen, da eine Feder den Stift nach außen drückt und das Ventil öffnet. Stromlos drückt wahrscheinlich eine stärkere Feder im Stellantrieb gegen die schwächere im Ventil und schließt es damit. Soll der Stellantrieb öffnen, wird die stärkere Feder des Stellantriebs unter Einsatz elektrischer Energie wieder zurückgezogen. Drei verschiedene Kräfte, die gegeneinander wirken. Was für ein Unsinn. Die Stellantrieb benötigen also 3 W für etwas, was auch ohne Krafteinwirkung (offen halten) klappt. Ok, im ersten Schritt könnte man die Dinger im Sommer einfach zudrehen – wenn man daran denkt. Ansonsten sollen Sie ja nur offen sein, wenn es im Raum zu kalt ist.
  2. Hysterese Unabhängig vom Stromverbrauch haben die Raumthermostate neben der Tür eine Hysterese von 1 K, was ziemlich ungenau ist (Klack, klack). Selbst wenn man die Einstellung ändern würde, würde es auf Grund der Trägheit des Systems Stunden dauern bis es wärmer/kälter wird.
  3. Heizungsteuerung Zudem sind sie bei einer Fußbodenheizung völlig überflüssig, da die Heizung witterungsgeführt arbeitet. D. h., die Vorlauftemperatur wir anhand von Außen- und gewünschter Raumtemperatur berechnet. Optimalerweise wird nur genauso viel Wärme erzeugt, wie benötigt wird. Damit eine ERR überhaupt abregeln kann, muss die Vorlauftemperatur hoch genug sein, um einen Raum potenziell überhitzen zu können. Sind dann einige Räume per ERR abgeregelt (zu), ist das im Prinzip wie Gas geben und Bremsen zugleich. Es wird dazu führen, dass die Heizung stärker taktet, da die Durchflussmengen in den Heizkreisen sinkt und die Soll-Rücklauftemperatur schneller erreicht ist. Und, durch die höhere Vorlauftemperatur sinkt die Arbeitszahl (Effizienz) der Wärmepumpe, da das Angebot an Wärme die Nachfrage übersteigt.
  4. Selbstregelungseffekt Weiterhin kommt hinzu, dass sich die Wärmeabgabe selbst reguliert. In kalten Räumen ist die Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf- und Raumtemperatur größer, somit kann die Wärme schnell abgegeben werden. In schon warmen Räumen wird dagegen nicht so viel geheizt, da die Differenz kleiner ist. Scheint beispielsweise Sonne in einen Raum, wird er wärmer und kann gar nicht mehr viel Wärme aufnehmen. Es sei denn, die Vorlauftemperatur ist zu hoch.
  5. Differenzdruckübeströmventil Da es ja nun passieren kann, dass viele oder alle ERR abregeln, kann die Heizung nicht mehr sinnvoll feststellen, ob Wärme benötigt wird oder nicht. Daher wird besagtes Ventil benötigt, welches ab einem definierbaren Druck (wenn zu viele ERR abregeln) öffnet und somit Vor- und Rücklauf kurzschließt. Rücklauftemperatur steigt, Heizung schaltet ab (Bremsen und Gas geben). Wenn permanent alle Heizkreise offen sind, kann es nicht dazu kommen, dass der Durchfluss 'abgewürgt' wird. Ein falsch eingestelltes (zu weit geöffnetes Überströmventil kann dazu führen, dass permanent latent Vorlauf direkt zum Rücklauf wandert, die Räume nicht richtig warm werden und die Heizung stärker taktet.
Differenzdrucküberströmventil mit einstellbarem Überströmdruck
Raumthermostat

Also Stellregler von den Ventilen gezogen, Raumthermostate und Differenzdrucküberströmventil zugedreht.

Da man ja nun keine Möglichkeit mehr hat, die Temperatur in den Räumen individuell zu regulieren, ist es zwingend erforderlich, die Hydraulik abzugleichen. Dazu im nächsten Artikel mehr.

Zu Sinn oder Unsinn der Einzelraumregelung gibt es auch an anderen Stellen ähnliche Ansichten:
http://www.bosy-online.de/Einzelraumregelung-ja-oder-Nein.htm
http://www.heizungsbetrieb.de/de/err.html

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