Samstag, 8. April 2017

Diesel hat keinen CO₂-Vorteil mehr gegenüber Benziner

Der Diesel wurde bisher gerne als sehr effizient und als unverzichtbar bei der Einhaltung von CO₂-Vorgaben proklamiert. Verfechter des Diesels sprechen von Wirkungsgraden jenseits der 30 %. Das mag im Volllastbereich unter optimalen Bedingungen zutreffen, angesichts der Tatsache, dass die Motoren immer größer werden und daher immer seltener mit Volllast und nie unter idealen Bedingungen gefahren werden, lässt sie das wesentlich ineffizienter dastehen, als viele glauben. Autos mit Verbrennungsmotoren sind fahrende Heizungen, da mehr als 85 % der Energie im Tank ungenutzt in die Umwelt verpuffen. Horst Lüning hat das schon vor Jahren detailliert vorgerechnet:



Ich habe meinen eigenen Vergleich anstellt. Mittels spritmonitor.de habe ich mir ein gängiges Fahrzeug, welches bereits seit Jahren hergestellt wird und sowohl als Diesel als auch als Benziner verfügbar ist, herangezogen:

  • VW Golf
  • Baujahre 1990 bis 2016
  • 100 bis 150 PS
  • Schaltgetriebe
  • mindestens 1.500 km eingetragene Fahrleistung
Nun habe ich mir je Baujahr Zahl der PKW und deren Durchschnittsverbrauch aus [1] in einer Tabelle notiert. Von 1990 bis 1996 liegt die Zahl der erfassten Benziner im unteren einstelligen Bereich. Diesel sind teilweise gar keine erfasst, sodass ein Vergleich erst ab 1997 wirklich aussagekräftig ist. In meinen folgenden Ausführungen werden also die vergangenen 20 Jahre betrachtet. Die Diagramme basieren also auf realen Verbrauchswerten. Die Linien stellen jeweils einen gleitenden  Durchschnitt über 5 Einzelwerte dar. Absolute Werte sind an der linken Ordinate abgetragen, relative an der rechten. Blau ist immer der Benziner, rot der Diesel, grün das äquivalente Elektroauto. Gelb wird das Verhältnis von Diesel zu Benziner oder umgekehrt dargestellt. 

Spritverbrauch


Es fällt auf, dass der Dieselverbrauch der Modelle der vergangenen 20 Jahre nahezu unverändert bei um die 5,7 l pro 100 km liegt, während der Benzinverbrauch von ca. 8,3 auf 6,5 l um ca. 19 % gesunken ist. Ich meine, der Diesel ist "zuendeentwickelt", während beim Benziner durchschnittlich 1 % Ersparnis pro Jahr erreicht wurde.

Jetzt höre ich schon wieder die Kritiker: Aber der Diesel ist trotzdem ökologischer und sparsamer, denn er verbraucht ja weniger Liter. Schauen wir's uns an:

CO₂-Bilanz

  • bei der Verbrennung von 1 Liter Benzin entstehen 2,33 kg CO2
  • bei der Verbrennung von 1 Liter Diesel entstehen 2,64 kg CO2
Aha, also erzeugt 1 Liter Diesel sogar mehr CO₂ als Benzin. Kombiniert mit dem Verbrauch ergibt sich folgender Ausstoß pro gefahrenem km:


Hier sieht man, sehr schön, dass der CO2-Ausstoß des Diesels seit 20 Jahren konstant bei ca. 150 g/km liegt, während der Benziner seinen Ausstoß von 200 auf unter 160 g/km reduziert hat. Ok, der Diesel liegt noch leicht vorn, doch der Vorteil ist im Jahr 2016 auf unter 4 % geschrumpft. Ich habe das Verhältnis von Diesel zu Benziner als gelbe Linie dargestellt. Man sieht, dass sie gegen 100 % geht.

Zusätzlich habe ich mit der grünen Linie den Ausstoß eines Elektrofahrzeugs mit 16,6 kWh/100 km Stromverbrauch aufgetragen, wenn der Strom aus dem aktuellen, deutschen Strommix mit 535 g CO2 je kWh erzeugt wird. Das Elektroauto erzeugt dabei ca 90 g je km, ist also immer noch fast doppelt so gut wie jeder Verbrenner. Erzeugt man den Strom regenerativ, verbessert sich die Bilanz weiter.

Sowohl bei den Verbrennern als auch bei den Elektroautos habe ich der Einfachheit halber die Lieferketten außer Acht gelassen. Würde man diese einbeziehen, würde sich bei allen Antriebsarten die Bilanz verschlechtern - irgendwie muss die Energie von der Quelle ins Auto. Dabei entstehen natürlich weiterhin teils massive Verluste.

Aber der Diesel ist doch so effizient...

Energiebilanz

Naja, er ist immer noch etwas effizienter als der Benziner, gemessen an einem Elektroauto jedoch ein absoluter Verschwender:



Wie schon geschrieben hat der Benziner in den letzten Jahren deutlich aufgeholt, sicher nicht zuletzt dank Direkteinspritzung und Downsizing. Er hat ihn fast eingeholt und der Stromer ist in jedem Fall mindestens 3x so effizient, da er mit nur 30 % der Energie das selbe (und dazu mit mehr Fahrspaß und weniger Ausstoß) erreicht. Oder bildlich gesprochen: Ein Tesla Model S mit 85 kWh-Akku braucht für die erzielbaren 500 km das Äquivalent von 8,7 l Diesel, was einem Verbrauch von 1,7 l auf 100 km entspricht. Und da sollen 5,7 l Diesel auf 100 km effizient sein? Lol.

Weshalb der reine Liter-Vergleich von Diesel und Benzin unsinnig ist, zeigt ein weiterer Vergleich:
  • 1 Liter Benzin enthält 9.3 kWh Energie
  • 1 Liter Diesel enthält 9,8 kWh Energie
Wir haben also gelernt: Der bloße Spritverbrauch pro 100 km ist, richtig, nichts sagend!

Aber Diesel ist doch viel günstiger als Benzin.

Spritpreis

Ja, ist er. Noch. Und nur in Deutschland. Ich kenne kein anderes Land, in dem Diesel weniger kostet als Benzin. Würde man ihn nach Energiegehalt bezahlen, wäre Diesel sogar teurer als Benzin. Und: Der Preisvorteil ist in den letzten Jahren von 25 % gegenüber Benzin teilweise auf bis zu 10 % geschrumpft.
Mein Tipp: In der nächsten Legislaturperiode (also nach der Wahl) wird der Preisvorteil des Diesels beschnitten. Was die Politik nach Dieselgate tut, ist auch widersprüchlich: In den 70er Jahren gab sie dem Diesel durch Steuererleichterungen einen Vorteil, nun dämmt sie diesen mit Fahrverboten wieder ein. Wieso Diesel nicht wie Benzin besteuern (oder nach Energiegehalt oder CO2-Ausstoß) und das Problem Stickoxid/Feinstaub ist vom Tisch?

Energiepreis

Um die Treibstoffkosten von Verbrennern mit Elektroautos vergleichen zu können, beziehen wir die Preise von Diesel und Benzin auf die kWh und schauen uns die Preisentwicklung des Stroms an:


Strom ist, energetisch betrachtet fast doppelt so teuer wie fossile Brennstoffe, was sicher auch daran liegt, das Strom eine höhere Energieform ist, die flexibel genutzt, umgewandelt und gespeichert werden kann. Ausschlaggebend für den Preis von bis zu 30 ct/kWh Strom dürfte nicht zu letzt die EEG-Umlage sein. Überhaupt, warum zahle ich EEG-Umlage auf meinen selbst verbrauchten Ökostrom vom Dach, Autofahrer fossil getriebener Mobile aber nicht auf ihren Treibstoff, welcher, unser Klima belastet? Aber das ist ein anderes Thema.

Treibstoffkosten pro km

Kombiniert man Spritverbrauch und Energiekosten, erhält man den Preis, den ein gefahrener Kilometer kostet:


Auf Grund der Reduktion des Benzinverbrauchs und dem sinkenden Preisvorteil von Diesel hat sich das Verhältnis von Diesel zu Benziner von 50 % auf über 70 % zu Gunsten des Benziners verschoben. Trotz des hohen Strompreises bleibt der gefahrene km mit ca. 5 ct gemessen am aktuellen, deutschen Strommix auf Grund des sehr hohen Wirkungsgrades deutlich unter den Preisen der Verbrenner.

Wer mag kann meine Berechnungen prüfen, indem er sich das LibreOffice-Calc-Dokument herunterlädt.

Fazit

Der Diesel hat deutlich an Attraktivität verloren, sowohl preislich als auch ökologisch. Der Benziner hat aufgeholt. Der Diesel wird im PKW noch vor dem Benziner an Bedeutung verlieren. Nicht zu letzt wegen der höheren Komplexität (höhere Verdichtung, höherer Drücke, höhere Temperaturen, höherer Verschleiß) und des nicht gelösten Feinstaubproblems.

Alle Autos belasten die Umwelt, das eine mehr und das andere noch mehr ;-) Am ökologischsten und günstigsten ist jeder Kilometer, der gar nicht oder mit dem Fahrrad gefahren wird.